Vorne anfangen soll ja manchmal helfen... wenn ich dran denke, bin ich immer noch leicht perplex.
Alles fing mit einem verzweifelten Anruf meiner Schwiegermama an (im Folgenden nur noch D. genannt). Schwiegerpapa (H.) sei immer noch nicht nach Hause gekommen.
Zur Erklärung: Meine Schwiegereltern sind beide schon über 70, H. hat vor kurzem eine neue Herzklappe bekommen und fährt fleißig mit dem Rad durch die Gegend. Nun hatte er kein Handy dabei, keine Papiere und zusätzlich ist er auch noch hochgradig allergisch gegen Wespenstiche.
D. ist auch noch ziemlich paranoid... und hatte direkt die Polizei angerufen. Noch bevor sie bei mir durchgeklingelt hat.
Na ja, ich also sofort angeboten, ihn zu suchen... und natürlich fährt er mit dem Rad nur an Stellen, die mit dem Auto unerreichbar sind. D. lotst mich also bis zum Bootshaus, wo ich mein Auto abstelle und mich zu Fuß auf einen kleinen Weg begebe, der direkt am Kanal entlangläuft.
Ganz bis zum Ende getigert, kein H., auch keine Angler, die man fragen könnte, ob sie ihn gesehen haben (komisch... da sind sonst immer welche)... allmählich mache ich mir selbst etwas Sorgen und will schnellstmöglich zur Karre zurück, um die nächste Station abzuklappern.
Plötzlich von rechts ein Gluckern, Prusten und Platschen. Jemand, der stöhnt. Tausend Gedanken auf einmal. Von "Oh Gott, vielleicht ertrinkt da jemand." bis hin zu "Oh Gott, vielleicht wird da jemand ertränkt."
Nach ein paar weiteren Schritten halte ich an. Immer noch Opa H. im Kopf.
Ach scheiß drauf. Ich stelle mich ganz dicht ans Ufer und beuge mich vor, um um die Böschung zu schielen.
Ein älterer Herr, der wild im Wasser rudert, immer wieder untergeht... mitten in den Seerosen.
SCHEISSE!!! Handtasche weggeschmissen... da ist schließlich mein Handy drin und das werde ich gleich brauchen.
Und rein. Hin zum Opa, mir den geschnappt und ab ins flache Wasser. Das erste, was ich zu hören bekomme, als sein Kopf wieder auftaucht, ist ein prustendes und ungläubiges "Wie haben Sie das gesehen?" Etwas außer Atem antworte ich ihm, dass ich meinen Schwiegervater suche.
Er schnauft, prustet und ist erstaunlich unkooperativ, wenn es darum geht, ihn aus dem Wasser zu bekommen.
Ich stelle also die finale Frage: "Was zur Hölle ist PASSIERT?", während ich weiterhin versuche, ihn aufs Festland zu manövrieren. (Erfolglos... ich setze ihn ins flache Wasser und passe auf, dass sein Kopf darüber bleibt.)
"Ich bin lebensmüde." bekomme ich schließlichb zur Antwort. "Sie wollten sich ertränken??? Aber warum denn, um Himmels Willen?" Darauf kommt erstmal lange nichts. Ich nutze die Zeit, um einen Krankenwagen zu rufen, lasse den Herren aber nicht aus den Augen. Zwischendurch frage ich mich, ob die leere Flasche Korn, die da an der Oberfläche treibt, wohl ihm gehört.
Ich setze mich ans Ufer und halte seine Hand, während er schwer atmet und ins Leere starrt. Ein bisschen später höre ich ein "Meine Lebensgefährtin hat mich rausgeekelt... ich hab' nichts mehr." 'Ah so... das Übliche', denke ich mir. Natürlich könnte ich jetzt mit cleverem Psycho-Geseier anfangen, aber irgendwas sagt mir, dass ich besser die Klappe halten sollte. Immer wieder kommt mir in den Kopf, dass ich eigentlich Opa H. suchen sollte und ich immer noch nicht weiß, was mit ihm ist.
Irgendwann tut der ziemlich reale Mensch etwas, was... wie sagt man... scares the crap out of me. "Ich geh da wieder rein! Hätten Sie mich mal ersaufen lassen!" Er macht Anstalten, wieder in tiefere Gefilde zu robben. Ich packe seinen Arm und sage laut und mit Diktator-Tonfall, dass er da mit Sicherheit NICHT wieder reingehen wird! Nicht, solange ich da bin!
Und dann hör ich's plätschern. Paddler! Ich winke wild und er kommt sofort angefahren. Ich erkläre ihm die Sachlage und dass ich Angst habe, dass er mir wieder reinspringt. Er hilft mir, ihn festzuhalten, hat sogar ein Handtuch parat. Inzwischen hören wir schon die Sirenen. Ich renne nach vorn, um den Notarzt in Empfang zu nehmen. Die kommen direkt mit Riesen-Aufgebot. Notarzt, Krankenwagen, Polizei.
Ich bin erleichtert, dass ich die Verantwortung nun in kompetente Hände geben kann. Die Polizisten fragen mich, ob ich diejenige sei, die ihn rausgeholt habe. Ich stehe da... triefend... und gucke sie nur an. Das genügt ihnen wohl. Sie lassen sich von mir alles erklären, nehmen meine Personalien auf und ich kann gehen.
Mein erster Anruf gilt D. Schon an ihrer Stimme beim Abheben erkenne ich, dass H. wieder da sein muss. Er hatte dreimal hintereinander einen Platten mit dem Rad. Kann ja keiner ahnen.
Erzähl mir jemand, dass das ein befickter Zufall war!!! Da wäre niemand... niiiiemand gewesen, wenn ich nicht auf der Suche nach H. dorthin geschickt worden wäre. o0 Ich hab' mir so gedacht, dass... also... WENN es den großen Strippenzieher da oben gibt... oder eine höhere Macht oder so... dass er dieses Schäfchen wohl besonders lieben muss.
Natürlich frage ich mich, ob er mich nun verflucht... (um es mit Mika zu sagen: "Na ja, wegen dir kommt er jetzt in die Geschlossene." Aaaaaargh! :D )... ob er sich irgendwann besinnt, dass das Leben vielleicht doch ganz schön ist?
Nebenbei stellen sich dann auch noch solche Fragen, inwiefern er das wirklich ernst gemeint hat und ob er nicht vielleicht doch "nur" Aufmerksamkeit wollte. Ertränken ist nun wirklich eine denkbar blöde Methode. Mal abgesehen davon, dass sie eigentlich nicht funktioniert, wenn man über Instinkte verfügt und eigentlich schwimmen kann. Vielleicht wäre er irgendwann an Unterkühlung gestorben... oder ohnmächtig geworden... keine Ahnung. Vielleicht hätte er auch von selbst gemerkt, dass es nicht geht und wäre wieder rausgekommen... man weiß es nicht.
Ich denke, ich habe getan, was ich tun konnte und damit isses nun echt gut.
Nebenbei war der Abend mit Mika echt toll. K. hat beschlossen, mit uns Death Note zu gucken, anschließend wurde noch Worms gezockt und dann Halo... weil Blossom rumgetönt hat, dass sie Ego-Shooter so mag. (Muha... voll in die Nesseln gesetzt.)
War dann auch schon 1.45 Uhr, als ich mich dann mal auf die Socken machte... daaaaanke für den Abend. War geil!
Auf Wiedersehen, Benedikt XVI
vor 1 Jahr
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