Dienstag, 17. Juni 2008

Völlig bekloppt

Mir gehen Menschen, die nie so recht mit ihrer Meinung rausrücken, wirklich auf den Senkel.
Bestes Beispiel: Eine Kommilitonin von mir... ich nenne sie mal "das Opfer". Genau dazu macht sie sich.
Wer arbeitet gern mit Opfern zusammen? Ständig duckmäuserisch, ständig um den heißen Brei herumreden, die ewig Verletzte, ewig Verzeihende...
Ja, es ist klischéehaft, aber schon ihr Äußeres lässt da auf einiges schließen... sie hat so einiges auf den Rippen und trotzdem gelingt es ihr, zerbrechlich und schwach zu wirken. Nahezu durchsichtig-blasse Haut, blaue Augen, die in ihren Höhlen zu schwimmen scheinen.
Eine Stimme, die - wenn überhaupt - nur leise und sanftmütig ans Ohr dringt.
Die leicht hypochondrische Veranlagung darf selbstverständlich nicht fehlen.

Im ersten Semester kam ich sehr gut mit ihr zurecht, auch wenn sich schon erste Anzeichen bemerkbar machten. Der Plan, endlich mal in Münster rauszugehen, scheiterte an einer Sms, die kam, als ich und Rena (sehr liebe weitere Kommilitonin von mir) bereits fast am Treffpunkt angelangt waren: "Kann nicht, hab keinen Cent Geld mehr." Ah so... na klar. Das wird's gewesen sein. Sowas kann man schon mal kurz vorher feststellen, nachdem man wochenlang gejallert hat: "Mensch, jetzt bin ich hier in der Stadt und keiner unternimmt was mit mir."

Drüber hinweggesehen und drauf geschissen - Hauptsache, man kommt in der Uni gut miteinander klar. Trotzdem... jetzt, wo sich die Zusammenarbeit mit ihr häuft, halte ich es kaum noch aus.
Rena durfte als Erste ihre Erfahrungen damit sammeln, denn sie und das Opfer bilden eine Kleingruppe zum Berichteschreiben. Rena, die gerade heraus ist und ab und an auch ein wenig schroff wird, - das Opfer als krasses Gegenteil. "Meinst du nicht, man könnte das vielleicht so... also... nein? Na ja, wenn du meinst..." Statt einfach zu sagen: "So gefällt mir das aber wirklich besser."
Führte im Endeffekt dazu, dass die beiden sich beim Schreiben jetzt abwechseln - einer schreibt, der andere korrigiert anschließend.

Es macht mich wahnsinnig, dass das Opfer nie direkt sagt, wenn ihr etwas nicht passt. Das nächste Mal Rausgehen war so gut wie abgemacht. "Klar kann ich da... doch." Wieder eine Sms fünf Minuten vor dem eigentlichen Treffen. "Bin so müde, kann nicht, werd' krank." Na klar.

Die Krönung dann letzte Woche, als wir uns für Freitagmorgen zum Statistiklernen verabredet hatten. Donnerstagnacht um kurz vor 0.00 Uhr erhalte ich die Nachricht, sie hätte ganz vergessen, dass noch eine Versuchspersonenstunde für sie anstünde und sie könne ja nicht kommen.
Ich hab schon gar nicht mehr drauf geantwortet, sondern einfach nur meinen Wecker anders gestellt.
Erstens hat sie die benögtigten Stunden schon voll, zweitens hab ich sie nur zum Seminar an der Uni gesehen.
Sie kam auf uns zu, würdigte mich keines Blickes, sagte nicht Hallo und ging stattdessen an dem üblichen Platz neben mir vorbei und setzte sich woanders hin.
Und ich weiß so genau, was das ist. Sie hatte keine VP-Stunde und selbstverständlich wie immer ein schlechtes Gewissen.
Und Angst. Angst vor meiner Reaktion.

Ich bin am Ende mit Ninchen zum Bus gelaufen, habe mich glänzend mit ihr unterhalten und das Opfer, das im selben Bus saß, einfach ignoriert. Wer zu feige ist, mich auch nur anzusprechen, der ist selbst schuld.
Am Bahnhof angekommen, rannte sie so schnell mit ihrem Koffer durch den Regen, dass sie schon weg war, bevor ich auch nur einen Fuß aus dem Bus setzen konnte.
(Dazu muss man sagen, dass wir freitags normalerweise mit dem gleichen Zug fahren.)

Wie es der Zufall will, muss ich nun aber ein Referat mit ihr und noch jemandem halten. Ich schrieb ihr also am Samstag eine eMail mit der Bitte, mir ihren Teil der Folien doch schnellstmöglich zu schicken, damit ich alles zusammenfügen könne.
Sms: "Hey, bin gerade bei meinen Eltern und will mich eigentlich für die Statistik-Probeklausur am Montag vorbereiten. Würde dir die Folien dann Montagnachmittag schicken. Wenn dir das aber zu knapp ist, fahre ich selbstverständlich noch morgen zurück nach Münster und erledige das."
Ähm... ja. Hab' geantwortet, dass Montagnachmittag dicke reicht.

Gestern sitze ich also brav in Statistik und schreibe diese hammerharte Probeklausur - das Opfer... gar nicht da! Aha... vorbereiten muss sie sich also und kann deswegen die Folien nicht machen. O-hoooo.
Ja nee, is' klar.

Gestern Abend um 21.30 Uhr bekam ich ihren Teil und musste feststellen, dass es die reinste Katastrophe war: Sie hatte sich nicht an die Schriftgröße gehalten, die wir vereinbart hatten, alles war durcheinander und uneinheitlich. Also hab' ich mich drangesetzt und jetzt endlich die endgültige Fassung.

Ich glaube, auf weitere Zusammenarbeit mit der Dame verzichte ich dankend.

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